Von "Papas" zu "Solanum tuberosum" - Die Geschichte der Kartoffel
 
Die Herkunft
 
Die Heimat der Kartoffel sind die Anden. Wahrscheinlich stammen sie aus der Gegend, die dem heutigen Peru und Bolivien entspricht. Dort verzehrte man die ersten Wildpflanzen bereits im 8. Jahrtausend v. Chr. Geschmacklich hatten die Knollen allerdings lange noch nicht die Qualität, die sie heute haben. Die Urkartoffeln schmeckten eher kratzig. Die Inkas stellten schließlich fest, dass in den Anden-Höhenlagen von 3000 bis 4000 Metern, in denen der sonst traditionell angebaute Mais nicht mehr gedieh, die Kartoffel noch durchaus brauchbare Erträge lieferte. Fortan wurde fleißig Kartoffelbau betrieben. Die Kartoffel diente aber nicht nur der Ernährung, sondern hatte auch kulturelle und religiöse Funktionen. So gab es damals eine eigene Kartoffelgöttin (Aro-Mamma).
 
Die Verbreitung
 
Erst Mitte des 16. Jahrhunderts gelangte die Kartoffel über Spanien und England nach Europa. 1565 erhielt der spanische König Philipp der zweite eine Kiste mit indianischen Produkten, in der auch einige Kartoffelknollen waren. Der Weg in die Kochtöpfe führte allerdings erst einmal über die Ziergärten verschiedener europäischen Höfe. Die Kartoffel wurde nämlich weniger wegen ihres Geschmackes, sondern wegen ihrer schönen Blüten bewundert. Vielleicht waren es die Erfahrungen der spanischen Seefahrer, die erkannten, dass die Knollen die auf langen Seereisen oft auftretende Skorbut-Krankheit verhindern konnten, die der Kartoffel den Weg ebneten. So genau vermag man das heute nicht mehr zu sagen.
 
Wie die Kartoffel nach Deutschland kam
 
Die Tatsache, dass sie in Deutschland zum "Volksnahrungsmittel" wurde, ist erstaunlich, wenn man bedenkt, wie groß die Widerstände der Bevölkerung gegen die "Erdäpfel" waren. Zu verdanken ist diese Entwicklung Friedrich dem zweiten von Preußen, dem "Alten Fritz". Dieser erkannte die politische Bedeutung, die die Kartoffel in sich barg. In einer Zeit mit ständig wachsender Bevölkerung und mehrmaligen Hungersnöten durch Getreidemissernten war die Ernährung der Bevölkerung zunehmend schwieriger geworden. Doch die Bevölkerung stand der Kartoffel dennoch skeptisch gegenüber. Schließlich kommt das Sprichwort: "Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht", nicht von ungefähr. Das Ansehen der Kartoffel stieg erst, als der Alte Fritz zu einem ungewöhnlichen Mittel griff: Er ließ die Kartoffeln durch Soldaten bewachen. So erkannten auch die Preußen, das die Knollen wohl etwas Besonderes sein mussten.
 
Warum die Abneigung
 
Warum hatten die Preußen eigentlich etwas gegen die Kartoffel, fragt man sich heute. Ein Grund war sicherlich die fehlende "Gebrauchsanweisung". Viele Menschen probierten die Kartoffeln roh und vielleicht noch unreif. Schließlich schmeckten aber auch die reifen Früchte damals noch nicht so gut wie heute, nachdem alle unerwünschten Inhaltsstoffe herausgezüchtet worden sind. Ein weiterer wichtiger Grund für die Abneigung war aber wohl die Umstellung der Anbaumethoden. Die Jahrhunderte lang praktizierte Dreifelderwirtschaft sollte nun wegen der neumodischen Kartoffel nicht mehr praktiziert werden? Im dritten Jahr, in dem der Acker normalerweise brach lag, sollte das Feld nun mit den Hackfrüchten bestellt werden? Das schien einer Revolution gleichzukommen. Schließlich setzte sich die Kartoffel aber dennoch durch und wurde zum Volksnahrungsmittel.
 
Machen Kartoffeln dick
 
Mit der Entwicklung unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft geriet die Kartoffel jedoch immer mehr in Ungnade. Wer etwas auf sich hielt, verzehrte fortan mehr Fleisch und Wurst, schließlich wurde die Kartoffel gar zum "Dickmacher" abgestempelt. Folge war ein rasanter Rückgang des Kartoffelverbrauches. Erst seit einigen Jahren werden die Rufe der Ernährungswissenschaftler erhört, die schon lange lautstark die "Rehabilitation" der Kartoffel fordern. Ist sie doch ein wahres Vitamin C-Paket, das zudem eben nicht dick macht. Sogar die "fette Bratkartoffel" erlebt in letzter Zeit wieder positive Beachtung, nachdem die Wissenschaft herausgefunden hat, dass sie in hohem Maße resistente Stärke enthält, der eine ähnlich (krebsverhindernde) Wirkung wie den Ballaststoffe nachgesagt wird.
 
Veredelungsprodukte
 
Pommes frites
Die Pommes frites stammen, anders als der Name vermuten lässt, nicht aus Frankreich, sondern aus Belgien. Einer Erzählung nach sollen sie in einem Jahr mit ausgesprochen schlechtem Fischfang erfunden worden sein. Die Belgier bevorzugten ihren Fisch normalerweise in reichlich Fett ausgebacken. Aus Ermangelung an Fisch probierten sie die Beilage zu frittieren und legten so, ohne es zu ahnen, den Grundstein für die Entwicklung des Fast-Food.

Chips
Auch zur Erfindung der Kartoffelchips gibt es eine Anekdote. Erfinder soll der Amerikaner George Crum gewesen sein. Dieser bereitete in einem Ferienhotel in New York Pommes frites zu, die damals schon bei den Amerikanern sehr beliebt waren. An einem Tag nun, beschwerte sich ein Gast darüber, dass die Pommes frites zu dick geschnitten seien, woraufhin Crum einen neue Portion dünner geschnittener Pommes frites zubereitete. Aber auch die waren dem Gast zu dick. Die nächste Portion schnitt Crum nun aus Verärgerung so dünn und fritierte sie so knusprig, daß der Gast sie nicht mehr mit der Gabel aufspießen konnte. Doch statt sich zu beschweren, war der Gast begeistert und bald waren die dünnen Kartoffelchips der Renner. Kurze Zeit später wurden sie dann schon abgepackt verkauft.
 
(Michael Kindt)